Der Tanzstil
Der Grundschritt der Polka besteht aus einem Auftaktschritt "Hupf" und einem Wechselschritt mit jeweils einer halben Rechtsdrehung. Die Schritte 1 bis 4 werden mit Schulterführung Herr rechts, Dame links getanzt, während bei den Schritten 5 bis 8 die Schulterführung wechselt: Herr rechts, Dame links. Die Polka-Grundschritte können je nach Musik beliebig oft wiederholt werden.
Der Rhythmus
Polka wird im 2/4-Takt mit 46 bis 50 Takten pro Minute getanzt.
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Geschichte und Gegenwart
Wenn man an sie denkt, fängt man unwillkürlich an zu schmunzeln. Selbst eingefleischten Fans fallen sofort die stereotypen Bilder von schrulligen Blaskapellen ein und von folkloristisch anmutenden Tänzern. Die Akkordfolge ist simpel, doch bei aller Leichtigkeit ist die Polka keineswegs ein Tanz ohne Tiefgang. Was so beschwingt und lebensfroh klingt, handelt nicht selten von der missglückten Liebe und der vermeintlich besten Medizin gegen Herzschmerz: dem Alkohol. Die Melancholie steckt in den Harmonien, überwunden wird sie rhythmisch: einhaken, drehen, galoppieren.
Es ist nicht ganz klar, woher der Zweivierteltakt-Tanz ursprünglich kommt. In Polen oder Böhmen soll er seine Wurzeln haben. Seine erste Hochzeit erlebte er jedenfalls im Zentraleuropa des 19. Jahrhunderts. Parallel zum politischen Wirbel fegte das Bürgertum im Eins-Zwei-Wechselschritt über das Parkett und auch bei Arbeitern und Bauern genoss diese Mode street credibility. Kein zweiter Tanz versprach so viel Körperkontakt wie die ungestüme Polka. Ihr darauf folgender Export forcierte sowohl das Tempo als auch das sehnsüchtige Moment. Denn als der Tanz vor über hundert Jahren mit Deutschen, Polen, Böhmen und Mähren in den USA landete, fühlten sich die Neuankömmlinge heimatlos. Nach Lebensfreude dürstete es ihnen im prüden Amerika. Gelöscht wurde der Durst mit Bier und die trüben Gedanken - eins, zwei - weggefegt.
Heute ist diese Tanzbewegung in den USA ein Massenphänomen. Im "Polka Belt" zwischen Milwaukee und Texas treffen sich alljährlich 100.000 Fans zu Veranstaltungen, die mit "Wurst Fest" oder "Sausage Festival" überschrieben sind. Bei diesen Events werden die Klischees bestätigt: Blonde Polka-Mädels und Lederhosen-Jungs zelebrieren ihre europäischen Wurzeln. Solchen Pop-Appeal hat die Polka vor allem deshalb, weil sie schlicht ist und unmittelbar. Doch inzwischen hat sie sich weit verzweigt. Im texanisch-mexikanischen Grenzgebiet entstand zum Beispiel eine besonders charmante Spielart, der wirbelnde Conjunto. Er ist rhythmisch noch komplexer als der Eastern Style aus New York, bei dem Trillerpfeifen blitzschnelle Akkordeonspiele begleiten.
Auch die gesellschaftliche Bedeutung der Polka variiert ganz erheblich. So vernetzt der Humpa mit exzessiven Holzhütten-Festen das dünn bevölkerte Finnland, während die Tsigane-Blaskapellen vom Balkan sich regelrecht als Handwerker verstehen: spielen, spielen, spielen - an Namenstagen, Hochzeiten, an Beschneidungszeremonien oder Erntefesten.
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